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Wie hat es dieser Typ auf den Chefsessel geschafft?

Gib zu, dass hast du sicher auch schon manchmal gedacht…. und ja, ich habe mir diese Frage auch schon öfters gestellt. Ich habe auch immer versucht dieses Phänomen zu erklären. Wie geht es, dass bspw. völlig nicht empathische Menschen auf einem Vorstandsposten oder ins Management gelangen? Eigentlich müssten doch gerade dort Persönlichkeiten sitzen, die Menschen verstehen und deren großes Ziel es sein muss, als Vorbild zu wirken und für Weiterentwicklung im Unternehmen zu sorgen!

Wer oder was ist also dafür verantwortlich, dass offensichtlich ungeeignete Menschen auf einem Posten landen, der für sie gar nicht geeignet ist? Und hier beziehe ich mich nicht nur auf Managementposten. Jeder Posten kann fehlbesetzt werden. Insbesondere durch Beförderungen und dem Aufstieg nach oben.

Ich war 15 Jahre in der Finanzbranche tätig und hab es oftmals erlebt, dass Menschen befördert wurden, die dann auf der nächst höheren Position (insbesondere in Führungspositionen) keinen guten Job mehr gemacht haben. Beobachtet habe ich, dass meist der Beste aus einem Team, z.B. der Vertriebler mit den höchsten Verkaufszahlen, zum Teamleiter ernannt wurde.

Der Soziologe Laurence J. Peter hat bereits 1969 dieses Phänomen in Hierarchien recht provokant beschrieben, bekannt als das Peter-Prinzip: Es sagt: In jeder Hierarchie werden Beschäftigte so lange befördert, bis sie auf einen Posten gelangen, auf dem sie inkompetent sind. Folglich, so Peter, sei in jedem Unternehmen jede Stelle irgendwann mit einem Mitarbeiter besetzt, der mit seiner Aufgabe völlig überfordert ist. Es entsteht eine Hierarchie der Unfähigkeit…Okay, diese These ist m.E. ziemlich streng und wenn dies in Summe stimmen würde, würden wir gesellschaftlich und wirtschaftlich nicht dort stehen, wo wir uns momentan befinden.

Aber anhand von Beispielen kann ich dennoch einen wahren Kern erkennen:

  • Ein Kundenberater erfüllt seine Vertriebsziele seit Jahren über. Er hat ein Talent im Umgang mit Kunden. Somit beschließt der Vorstand diesen Kundenberater zum Vertriebsleiter zu befördern. Es stellt sich heraus, dass dem ehemaligen Kundenberater diese Position keinen Spaß bereitet, da er für seine ehemaligen Kollegen keine ernst zu nehmende Führungskraft ist und er in strategische Aufgaben keinen Sinn sieht.

 

  • Im Zuge einer Fusion gibt es mehrere Umstrukturierungen. Ein großes Ziel ist es, die Digitale Kompetenz zu stärken. Der ehemalige Leiter IT wird zum Verantwortlichen der neuen Abteilung Innovation, da der Vorstand davon ausgeht, dass technische Kompetenz gleich innovationsfreudig bedeutet. Nach einem Jahr ist die gesamte neue Abteilung inkl. deren Leiter sehr unzufrieden, da innovative Themen fast immer durch scheinbar technische Hürden verhindert werden.

 

Psychologen sprechen hier auch vom Status-quo-Effekt. Wer einmal gute Leistungen erbracht hat, dem werden mit größerer Wahrscheinlichkeit auch zukünftig gute Leistungen unterstellt. Aber die Praxis zeigt leider vielmals das Gegenteil. Deshalb gilt tatsächlich oft der Spruch: „Schuster, bleib bei deinen Leisten!“

Das ist mein Fazit:

  • Berufliches Weiterentwicklung und die persönliche Zufriedenheit sind Eckpfeiler jeder gesunden Karriere.
  • Die richtige Person für die richtige Stelle zu finden, ist eine der wichtigsten Aufgaben im Unternehmen, denn das Scheitern in wesentlichen Positionen kann dem Unternehmen enormen Schaden zufügen. Und je höher die Position angesiedelt ist, desto größer der Unfug, den man dort treiben kann.
  • Damit zwingt das Peter-Prinzip letztlich zu einer Unternehmenskultur, die das Wechseln aus offensichtlich falschen Positionen jederzeit und ohne Gesichtsverlust ermöglicht. Ein Unternehmen sollte eine Kultur entwickeln, die Lernen, Entwicklung und das Annehmen von Herausforderungen fördert und nicht bestraft. Hierzu ist natürlich eine gewisse „Fehlertoleranz“ von Nöten.

Coaching als „Personalentwicklungsinstrument“ für Fach- und Führungskräfte kann hierbei hilfreich sein, um diesen Lernprozess zu begleiten. Coaching hilft hier als Unterstützung bei der Bewältigung der Herausforderungen organisationaler Veränderungen und um sich der eigenen Rolle als Führungskraft im Veränderungsprozess bewusst zu werden.